Ausverkauft
Bevor es mit dem Sessellift auf den Berg ging, musste man sich im Tal registrieren – die Anmeldung erfolgte online oder telefonisch. Und da musste man rasch sein, die Tickets für das fünfstündige Event im Mariazeller Land waren schnell weg. Dabei handelte es sich bei diesem Format um eine Premiere.
Sonntag, 11 Uhr: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beäugen sich teils unauffällig, teils auffällig. Einige sind zu zweit da. Sie unterhalten sich lieber miteinander als mit den anderen, die ohnehin kaum sprechen. So, als müsste man erst auf ein Kommando warten.
Das „Kommando“ hat Helena Spindler, Gründerin von „Slow Dating“, inne. Sie teilt Zettel aus, damit man sich Notizen machen kann, und verteilt Nummern zum Aufkleben – entweder auf den Wintermantel, die Sportjacke oder den Trachtenjanker. Ja, vom professionellen Bergsteigertyp über den Naturburschen bis zur Städterin ist alles vertreten. Beim Beäugen wurden die ersten Urteile gefällt. In der freien Wildbahn würde man mit so manchem Exemplar wohl eher kein Gespräch anbahnen. Hier ist das anders, einmal soll man mit jeder Person vom anderen Geschlecht in die Gruppe und damit einmal ins Gespräch kommen.
In Vierer-Gruppen – immer zwei Frauen und zwei Männer – soll man Gesprächsimpulse, die Helena gibt, aufnehmen.
Austausch
Auf geht es in die erste Runde auf einem Vierer-Lift. Während der Fahrt über den grünen Baumwipfeln schwebend wird besprochen, ob man schon Erfahrung hat – mit solchen Dates, oder mit Sesselliftfahren im Mai. Helenas Gesprächsimpuls ist vergessen. Bei der Mittelstation sagt man „Tschüss“, es wird wieder durchgemischt. „Was bedeutet Natur für dich?“ – „Natur ist ein Geben und Nehmen“, sagt der mutige Martin (Nummer 9), ein Landwirt im Himalaya-Expeditions-Outfit. Die süße Sabine sagt: „Erholung“, der städtische Stefan, erzählt, dass er demnächst 24 Stunden alleine im Wald ausgesetzt wird.
Nach zehn Minuten finden sich alle Suchenden wieder. Es geht mit dem nächsten Lift hoch zur Bergstation. Die Jacken werden höher geschlossen, die Augen, ob der Aussicht, größer. Es wird über Ziele, nervige Eigenschaften, mutige Entscheidungen – „Dass ich mich hier angemeldet habe“ – und Gefühle gesprochen, während es am Panoramaweg entlang geht. Beim gemeinsamen Essen in der Hütte wird noch über vieles mehr gesprochen – Kochrezepte etwa. Es werden aber auch schon die ersten Verabredungen getroffen. Die treue Tanja und die schlaue Sophie treffen sich bald zum Tennisspielen. Der potente Paul will zwar auch, wird aber ignoriert.
Zum Schluss sammelt Helena die Zettel, die sie anfangs ausgeteilt hat, wieder ein. Darauf sind die Nummern jener Personen notiert, die man gerne wiedersehen möchte. Nur wenn Nummer 11 Nummer 14 auch treffen will, gibt Helenas Team innerhalb von 48 Stunden ihre Kontaktdaten weiter.
„Das ist bei allen unseren Dating-Events gleich“, sagt sie am Lift zurück ins Tal. 2018 hat sie das Dating-Unternehmen mit ihrem Bruder gegründet. In Wien wird etwa in Stille oder Rätsel ratend gedatet, in der Stockerauer Au beim Kanufahren.
Fortsetzung und Termine
Weil das Event auf der Gemeindealpe, dem höchsten Aussichtsberg im Mariazeller Land, so erfolgreich war und die Wartelisten lang, wird es im Herbst eine Neuauflage geben.
Gemeinsam mit der Gemeindealpe Mitterbach wurden weitere Termine vereinbart: 6. und 7. September – diesmal auch für Personen über 46 Jahren und queere Menschen. „Die nächste Altersgruppe ist von 42 bis 58 Jahren“, erklärt Helena von Slow Dating. Wer nicht bis zum September warten will auf die „Begegnung in Bewegung“, wie es die Veranstalter formulieren, kann am 5. Juni von Wien-Hütteldorf aus sechs Kilometer und 220 Höhenmeter hinauf zum Satzberg wandern. Auch dieses Event ist für alle Fitnesslevels geeignet – dafür gibt es wieder Altersbeschränkungen: Man muss zwischen 35 und 49 Jahre alt sein. Für Jüngere (27 bis 42 Jahre) wird eine Alternative am 26. Juni angeboten: Zur Sommersonnenwende datend die Sophienalpe bewandern. Nähere Informationen dazu unter: www.slowdatingevents.at
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