Was, wenn das in meiner Schule passiert?
Bei manchen Kindern kann das dazu führen, dass sie gar nicht mehr in die Schule gehen möchten oder sich in der nächsten Zeit mit unguten Gefühlen auf den Weg machen. Es kommen Gedanken auf, wie „Was ist, wenn so etwas in meiner Schule passiert?“. Die Schule vorerst meiden zu wollen, sei eine nachvollziehbare erste Reaktion, meint Kain. „Man möchte sich schützen und eine vermeintlich gefährliche Situation umgehen. Auf lange Sicht können wir aber nicht alles vermeiden, das uns Angst macht.“
Eltern sollten versuchen, die Angst mit dem Kind zusammen auszuhalten, gleichzeitig ist es wichtig, das Kind dabei zu unterstützen, eine „gewisse Realitätsprüfung“ vorzunehmen, das heißt, darüber zu informieren, dass derartige Ereignisse zum Glück sehr selten sind, rät Kain. Man sollte ehrlich sein, allerdings nur beantworten, wonach das Kind auch fragt. Die Informationen sollten aber stets altersadäquat weitergegeben werden – es macht einen Unterschied, ob man mit einem Sechs- oder einem Fünfzehnjährigen spricht. Eltern dürfen Kindern sagen, dass sie selbst verunsichert sind. „Darüber zu reden, nimmt Ängste und ist der erste Schritt, um wieder in die Selbstwirksamkeit zu kommen, das heißt, selbst aktiv etwas zu tun, um die eigene Sicherheit wieder zurückzuholen. Man kann Kinder auch fragen, was sie meinen, was sie brauchen, was sie vielleicht tun können, damit sie sich wieder sicherer fühlen“, betont Kain.
Jugendliche in die Notfallpläne der Schule miteinbeziehen
Dazu zählt, dass Jugendliche in den Schulen in etwaige Notfallpläne einbezogen werden. „Es geht nicht darum, einen Amoklauf wie den Feueralarm immer wieder zu üben, aber es wäre sicherlich hilfreich, wenn Jugendliche im Laufe ihrer Schullaufbahn in Teile eines Notfallplans ihrer Schule einbezogen werden. Etwa, wenn Pädagogen darüber sprechen, wie man sich verhalten soll, sollte es zu einem Angriff kommen.“
Dazu zählt etwa die Türe zu verbarrikadieren und Tische umzulegen – ob dieses Wissen in der Notsituation angewendet werden kann, sei nicht gesichert, aber es gebe Jugendlichen mehr Gestaltungsspielraum und Sicherheit. Pädagoginnen und Pädagogen müssten eine Balance finden: Jugendliche einerseits einbeziehen, andererseits versuchen, dem Thema nicht mehr Gewicht als nötig zu geben.
Bei Kindern, bei denen die deutliche Schulangst auch nach vier bis sechs Wochen anhält, empfiehlt Kain professionelle Unterstützung durch Psychologen und Psychotherapeuten, um eine mögliche posttraumatische Belastungsreaktion abzuklären.
Verängstigte Eltern
Auch manche Eltern beschäftigt der Vorfall in Graz sehr – sie haben ebenfalls kein gutes Gefühl, ihre Kinder in der Früh zu verabschieden oder in den bevorstehenden Sommerferien auf Camps und Ferienlager zu schicken. Nicht nur die Kinder haben die Erfahrung gemacht, dass Gewalttaten in Schulen Realität werden können. Auch Erwachsene sollten über ihre Gefühle sprechen, mit dem Partner, der Mutter, Freunden oder in einer Gruppe von Eltern.
„Gefühle und Gedanken für sich zu behalten ist Nahrung für die Angst. Generell ist in den letzten Jahren die Wachsamkeit in Menschenansammlungen gestiegen – beim Verabschieden von Kindern fährt die Sorge oft mit“, sagt Kain. Auch hier gelte es, sich um eine Balance zu bemühen: das Kind zu sensibilisieren, es andererseits aber auch nicht zu verunsichern. „Camps und die Schule sollen Freude bereiten und dürfen weiterhin das Gefühl von Sicherheit vermitteln. Wir dürfen uns nicht zu viel Angst machen und uns das Leben des Lebens nicht nehmen lassen.“
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