Faszientraining: Mehr als ein Fitnesstrend

Woman Using Foam Roller Massager at Home.
Das ganzheitliche Bewegungskonzept verbessert die Beweglichkeit, lindert Schmerzen und stärkt das Körpergefühl.

Die Begriffe „Faszien“, „Faszientraining“ und „Faszientherapie“ sind seit einigen Jahren in aller Munde. Sie stehen für mehr Beweglichkeit, weniger Schmerzen und ein verbessertes Körpergefühl. Doch was genau steckt dahinter? KURIER leben hat bei Dr. Markus Serek, Orthopäde und Osteopath, nachgefragt.
„Faszien  sind das feinmaschige Bindegewebe, das wiederum aus Bindegewebszellen, eingebettet in einer Kollagen-Matrix, besteht. Sie umhüllen  Muskeln, Organe, Nerven und sogar Knochen und verbinden sie miteinander.  Sie sind essenziell für eine korrekte Muskelbewegung – und damit ein integraler Bestandteil des Bewegungsapparats“, erklärt der Experte. Werden Faszien durch Bewegungsmangel, Fehlbelastung oder Stress beeinträchtigt, können sie verhärten oder verkleben. Die Folge: Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. „Faszien sind bei Verletzungen des  des Bewegungsapparats immer mitbeteiligt“, so Serek.

Training ist nicht gleich Therapie

Bei den Begrifflichkeiten ist eine klare Unterscheidung wichtig: Faszientraining dient sowohl der Vorbeugung von Verletzungen als auch der Leistungssteigerung bei Sportlern. Es unterscheidet sich deutlich vom klassischen Kraft- oder Ausdauertraining. „Während dort der Muskelaufbau im Vordergrund steht, zielt das Faszientraining auf die Wiederherstellung bzw. einer Verbesserung der Gleitfähigkeit der Gewebeschichten und die Versorgung der Faszien mit Flüssigkeit ab“, so Serek. Zum Einsatz kommen verschiedene Techniken – vom langsamen, tiefen Rollen über Muskelgruppen bis hin zu speziellen Faszienrollen, die gezielt auf die Bedürfnisse des Bindegewebes abgestimmt sind. Ziel des Rollens ist es, altes und verklebtes Gewebewasser auszupressen, damit frische Flüssigkeit nachfließen kann. Ergänzend kommen gezielte Dehnübungen sowie federnde Bewegungen wie Wippen und Hüpfen zum Einsatz – auch bekannt unter dem Begriff „Rebound Elasticity“.

Nur unter Anleitung

Die Faszientherapie wird vor allem als therapeutische Maßnahme in der Schmerzbehandlung eingesetzt. Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Gelenkschmerzen können auf verklebte Faszien hinweisen. „Wichtig zu wissen ist dabei, dass der Schmerzort nicht zwangsläufig mit dem Ort der verklebten Faszie übereinstimmt“, erklärt Serek. Deshalb ist es besonders wichtig, Faszientherapie nicht eigenständig, sondern unter fachkundiger Anleitung durchzuführen. Eine unsachgemäße Anwendung kann nicht nur wirkungslos bleiben, sondern bestehende Beschwerden sogar verschlimmern oder neue Schmerzen verursachen. Erfahrene Therapeuten erkennen, welche faszialen Strukturen betroffen sind, und passen die Behandlung individuell an. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Therapie gezielt, sicher und effektiv wirkt.

Für wen ist Faszientraining geeignet?

„Faszientraining eignet sich grundsätzlich für alle Altersgruppen und Fitnesslevels“, sagt Serek. Besonders profitieren Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit, Rückenschmerzen, Schulterbeschwerden oder Cellulite. Auch bei geschwächtem Immunsystem kann das Training unterstützend wirken, da das Bindegewebe wichtige Abwehrzellen enthält.
Während der Schwangerschaft ist Faszientraining laut Serek in den ersten Wochen empfehlenswert, sollte jedoch später nur nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen. Für Kinder und Jugendliche gilt: „Beginnen kann man, sobald das große Sitzen beginnt – also spätestens mit dem Schuleintritt.“
Für nachhaltige Effekte empfiehlt Serek, ein- bis zweimal pro Woche gezieltes Faszientraining mit der Rolle durchzuführen. Muskeltraining darf es ruhig auch zwei- bis dreimal pro Woche sein. Wichtig sei jedoch, dass achtsam trainiert wird – zu starker Druck oder eine falsche Technik können das Gewebe reizen und kontraproduktiv sein.

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